Ich liebe meine Arbeit als Puppenmacherin sehr. Vor allem, weil sie so vielfältig ist.
Denn ich nähe ja nicht nur Puppen nach Wunsch, sondern nehme auch immer mal wieder atelierfremde Puppen in Reparatur. Diese Puppen wurden teilweise schon über Generationen in der Familie weitergegeben. Als Erbstücke sind sie den Besitzern lieb und teuer und die Reparatur vor allem Vertrauenssache.
Von der handwerklichen Seite betrachtet ist es für mich als Puppenmacherin und Puppenarzt zudem sehr spannend, denn man lernt mit jeder Puppe auch selbst etwas dazu – jeder Puppenmacher hat eine andere Technik, nutzt einen anderen Schnitt. Puppen wurden früher teilweise ganz anders und dann doch wieder sehr ähnlich genäht. Ein wenig umweht von dem Hauch der Geschichte, ist es an mancher Stelle gar wie Detektivarbeit oder das Lösen eines kniffligen Puzzels.
Die Anamnese
Auch letztes Jahr war ich also häufig im Einsatz als Puppendoktor und von einigen “Patienten” möchte ich gern auch hier im Blog so nach und nach noch berichten:
Diese 52 cm große Puppenpatientin wurde bereits Ende letzten Jahres in meine Puppenklinik eingeliefert.
Allerdings musste sie erst ein wenig warten und ihre Wiederherstellung fand ganz langsam nach und nach statt. So hatte ich viel Ruhe und Zeit diesen speziellen Fall zu behandeln.
Nicht nur ihre Größe war eine Herausforderung, auch der Zustand – war sie doch schon wunderbar abgeliebt. Schnell war also klar, mit Löchlein flicken allein wäre es hier nicht getan.
Am Anfang jeder Puppenreparatur steht bei mir nach der ausführlichen Anamnese, der fotografischen und schriftlichen Bestandsaufnahme des Puppenpatienten, zunächst dessen Grundreinigung:
Auch wenn man Stoffpuppen sehr gut reinigen kann (wie das am besten geht, habe ich hier bereits beschrieben bzw. reisen meine Puppen auch alle mit ausführlichen Pflegehinweisen in ihr zu Hause), so scheuen viele Puppeneltern doch davor zurück.
Sicher sollte man ein paar Dinge beachten, damit z.B. die mit Wolle gestopften Puppen beim Waschen nicht verfilzen, aber Stoffpuppen lassen sich gut reinigen und müssen nicht zwangsläufig grauschwarz bleiben.
Puppendoktor Reparaturplan
Dann kommt meist die genauere Begutachtung und das Erstellen des Reparaturplans.
Hier war also schnell klar, um ein gutes Ergebnis zu erzielen und damit die Puppe noch mehrere Generationen erfreuen würde können, müsste die ganze Puppe neu gearbeitet werden. Dies hieß also zunächst den ursprünglichen Schnitt abnehmen und die Körperteile möglichst nah am Original neu nachnähen.
Überhaupt ist mein Mantra als Puppenarzt immer so nah wie möglich am Original zu bleiben. Ich stelle meine eigenen ästhetischen Ansprüche dabei hinten an und versuche die Puppe so zu restaurieren, dass ihre Lieben sie hinterher auch wiedererkennen. ;)
Zur Not entscheide ich mich auch gegen die Gesamtaufarbeitung, wenn dadurch der Charakter der alten Puppe verloren gehen würde.
Auf jeden Fall ist oft Fingerspitzengefühl und minutiöse Detailarbeit gefragt.
Daher ist eine Reparatur oft aufwendiger und somit auch teurer, als die Herstellung einer neuen Puppe.
Auch in diesem Fall hab ich jeden Schritt beim Auseinandernehmen der Puppe fotografisch dokumentiert, um sie später genau so auch wieder zusammenzusetzen.
Puppenarzt im Einsatz
Ein wenig knifflig war hier das Nähen der Füße, die ganz anders als die meiner Puppen gearbeitet waren und für mein Empfinden daher sehr umständlich.
Auch die Arme waren im Körper am Muff mit einem extra Hautlappen angenäht, was ich als recht sperrig empfand. Die Hände hatten zudem ganz klassisch keine Daumen.
Der Kopf war schon ein wenig aus der Form geraten. Auch das Gesicht war traditionell im Ausdruck eher zurückhaltend gearbeitet.
Somit habe auch ich versucht, durch Auflegen des alten Gesichtes, möglichst genau Position und Ausdruck wiederzutreffen, dabei aber dem Kopf wieder ein wenig Form zu geben. Dabei habe ich aber wieder die ursprüngliche Kopfkugel verwendet, um die “Seele” der Puppe zu erhalten.
Auch die Glieder und der Körper bekamen natürlich wieder die Füllung der alten Puppe.
Die Haare waren leider auch schon arg verfilzt, sodass sie auch neue Haare bekam. Dies ist der normalerweise weniger aufwendige Schritt, denn die genaue Haarfarbe zu treffen ist dank der großen Auswahl an Mohairwolle nicht schwierig.
Schließlich war also das Werk vollbracht, meine Arbeit als Puppenarzt getan und die Puppenpatientin wieder genesen …:
Ein neues Kleid sowie Ringelsöckchen und Schuhe bekam die neue alte Puppe zum Schluss für die Reise nach Hause dann auch noch.
Mittlerweile ist diese Puppenpatientin schon lange wieder daheim
und wird dort hoffentlich noch viele Jahre weiterhin Freude bringen können.