Nicht erst seit ich selbst Puppen mache, kann ich es gut nachvollziehen, wie es ist, wenn der sehnlichste Wunsch eines Kindes (oder auch eines Erwachsenen), der nach einer ganz bestimmten Puppe ist. Als Mutter eines Jungen stellte sich für mich daher nie die Frage danach, ob mein Sohn mit Puppen spielen “darf”. Als ausgebildete Pädagogin weiß ich nämlich zudem um den besonderen Wert von Puppen ganz allgemein und auch speziell für die kindliche Entwicklung und zwar gerade auch für Jungs. Mich befremdet es immer sehr, wenn Menschen da geschlechtliche Unterschiede machen – Jungs gar das Spiel mit dem vermeintlichen “Mädchenkram” verbieten.
Da habe ich mich natürlich ganz besonders gefreut, als mir vor einiger Zeit ein englischsprachiger Klassiker, in Form dieses schönen kleinen Buches, zu eben diesem Thema in die Hände fiel:
Buchvorstellung:
“William’s Doll” von Charlotte Zolotow
mit Illustrationen von W. Pène du Bois.
(1972 HarperCollins Children’s Books, English, Ages: 4-8)
William wünscht sich nichts sehnlicher als eine Puppe.
Eine, die er umarmen und lieb haben kann. Eine, mit der er spielen, die er füttern und im Puppenwagen im Park Spazieren fahren kann. Eine, die er am Abend ins Bett bringen und der er dann einen Gutenachtkuss geben kann.
Aber sein Bruder und der Nachbarsjunge hänseln ihn wegen seines Wunsches. Sein Vater kauft ihm eine Eisenbahn und einen Basketball aber eben nicht die Puppe, die er sich doch so sehr wünscht. Williams Wunsch nach einer Puppe, wie sie auch das Nachbarsmädchen hat, bleibt ungehört – Bis eines Tages jemand kommt, der seinen Wunsch ernst nimmt und vor allem auch versteht, wieso William unbedingt eine Puppe braucht…
Wiliam’s Doll by c. Zolotow
“A doll!” said his brother.
“Don’t be a creep!”
“Sissy, sissy, sissy!” said the boy next door.
“How would you like a basketball?” his father said.
But William wanted a doll.
Wiliam’s Doll by c. Zolotow
Die Geschichte “William’s Doll” von Zolotow ist sehr kindgerecht und in einfacher Sprache erzählt. Die zentrale Aussage wird zudem mit Hilfe von Wiederholungen herausgestellt.
Kinder können sich sicher schnell mit William identifizieren und der Geschichte gut folgen. Auch Erwachsene werden zwischen den Zeilen so einiges zum Nachdenken finden. Denn obwohl dieses Buch 1972 erschienen ist, besitzt es traurigerweise noch so einiges an Aktualität.
“I did not write the book to be feminist ideology, although I am a feminist, and though I am very glad feminists have found a message in it.
But I wrote it out of a direct emotional sorrow.” – C. Zolotow
Noch im Erscheinungsjahr wurde übrigens ein Song basierend auf dem Buch veröffentlicht.
Schließlich wurde aus “William’s Doll” 1981 noch ein 14-minütiger Kurzfilm.
Wiliam’s Doll by c. Zolotow
Insgesamt ist “William’s Doll” ein wirklich schönes Buch über einen Jungen, der einen Puppe zum lieb haben möchte.
Ein gutes Buch nicht nur für Jungen oder “Jungseltern”, sondern für alle Menschen – schließlich brauchen wir alle jemanden, der uns bedingungslos liebt und versteht und auch vermeintlich abwegige Wünsche unterstützt, so dass man jemand oder etwas hat, das oder den man wiederum selbst bedingungslos lieb haben kann, auch wenn man dafür vielleicht zunächst auf Ablehnung stossen mag.